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  • AutorenbildSabine Fischer

Über die Geborgenheit

Es wird nicht viel über die Geborgenheit gesprochen. Vielleicht, weil wir sie für selbstverständlich halten - solange sie da ist. Viele Hinterbliebene betonen diese Form der Liebe als das Wesentliche, das sie mit dem/der Verstorbenen verbunden hat. Das Gefühl, das bleibt, wenn es im Leben reichlich geschenkt wurde.

 
Im Leben geborgen (©Tatjana Gamerith)
Im Leben geborgen (©Tatjana Gamerith)

Was bleibt, wenn du gehst?

Wir können gar nicht oft genug darüber nachdenken, was im Leben wirklich zählt. Mich regen dabei immer wieder Bücher an, die von Menschen geschrieben wurden, die viel mit Tod und Sterben zu tun haben wie z.B. SterbebegleiterInnen. Zur Zeit lese ich gerade "Das Geheimnis eines guten Lebens" von Carl Achleitner, in dem er seine Erkenntnisse als Trauerredner weitergibt. Er beschreibt wundervoll, dass unsere Herzen vor allem an den Menschen hängen, die uns Geborgenheit gegeben haben. Wenn wir selbst Geborgenheit spenden, wenn Menschen unsere Nähe als fried- und genussvoll erleben, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch wir "ewig" leben - in den Herzen der anderen. Darauf sollten wir uns bewusster konzentrieren, denn dafür werden wir in Erinnerung bleiben!


Das alles ist Geborgenheit

Was ist denn nun Geborgenheit eigentlich? Welche Zutaten braucht es dafür? Ich assoziiere damit ein Gefühl des Zuhause-Seins, des Eingebettetseins in eine Umgebung, an der ich mich wohl, sicher, beschützt, akzeptiert und geliebt fühle. Wenn ich an so einem Ort, mit so einem Menschen zusammen bin, dann kann ich mich entspannen, mein Nervensystem ist ruhig, ich bin ausgeglichen, heiter, froh, mir ist warm - im Körper und ums Herz. Geborgenheit kann von bestimmten Menschen ausgehen - wenn sie da sind, sind die äußeren Umstände nicht mehr so wichtig. Dann kann ich viel ertragen und über mich hinauswachsen. Aber Geborgenheit kann ich auch alleine fühlen, in meinem kuscheligen Nest auf der Couch, draußen bei einem uralten Lieblingsbaum oder im bunten Dschungel eines Naturgartens. Wir verbinden sie vielleicht auch mit einer Lieblingsspeise, einem Lied oder einer Melodie (bei mir ist es z.B. die Melodie der Radiosendung "Das Traummännlein kommt", die ich als Kind fast täglich mit meiner Großmutter hörte). Auch Katzen strahlen Geborgenheit aus, wenn sie sich auf unserem Schoß einrollen und vor Wohlgefühl schnurren.


Behütet und sicher (©Tatjana Gamerith)
Behütet und sicher (©Tatjana Gamerith)

Der kleine Genuss

"Geborgenheit ist ein Raum, frei von Gewalt und Streit, in dem der kleine Genuss ungestört stattfinden kann. Scheinbare Kleinigkeiten sind die Bausteine unserer emotionalen Heimat" (Carl Achleitner). Im Leben finden wir daran oft nichts Besonderes. Wenn der Mensch, der uns diese Heimat gegeben hat, allerdings plötzlich nicht mehr da ist, bemerken wir, dass der Verlust enorm ist. Darum ist auch das, was Geborgenheit für uns alle bedeutet, in Wahrheit enorm. Diese Erkenntnis kann uns leiten, der Geborgenheit im Leben einen größeren und bewussteren Stellenwert zu geben. Das ist nicht schwer. Wir alle können mit ganz wenig Aufwand etwas tun, das andere Menschen genießen.


In inniger Verbundenheit

Heute ist im 103. Lebensjahr meine liebe Freundin, die natursensible Malerin Tatjana Gamerith in ihrem Haus in Waldhausen im Strudengau gestorben. (In diesem Blog-Beitrag erzähle ich mehr über sie). Ich durfte sie 2012 kennenlernen und werde die ersten Eindrücke von ihr, ihren Bildern , dem renovierten Bauernhaus und dem prachtvollen Naturgarten nie vergessen. Wie in eine andere Welt versetzt fühlte ich mich - in eine Welt, die so war, wie sie eigentlich sein sollte. Im Einklang mit sich selbst und den anderen, mit der Natur, in Frieden und Freude. Trotz des Leidensweges, den sie die letzten 2 ½ Jahre ihres Lebens gehen musste, betonte sie immer wieder "das Leben ist schön"! In der guten Stube habe ich mich sofort wohlgefühlt: das aufmerksame, leise Gespräch, die brennende Kerze, der Blumenstrauß am Tisch, die schnurrende Katze, die vielen selbstgemachten und gesammelten Kleinigkeiten, Kaffee und Kuchen, "Du holde Kunst" auf Ö1, Strohhüte mit Löchern, Humor und viel Lachen. Diese gemeinsamen Stunden sind Vergangenheit und werden nie wieder kommen. Da ist großer Schmerz. Und eine riesengroße Dankbarkeit. Liebe Tatjana, das Gefühl der Geborgenheit, das ich bei dir und deinem Mann Werner erleben durfte, möchte ich weitergeben und werde mich dabei immer an dich erinnern!

 
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