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  • AutorenbildSabine Fischer

Das Wunder des Staunens

Kannst du staunen und gleichzeitig unglücklich sein? Wann und worüber kannst du staunen? Oder hast du aufgehört zu staunen? Staunen ist eine Kunst. Die Kunst, die Welt als Wunder zu sehen. Die Kunst des Augenblicks, der Achtsamkeit, der Langsamkeit.

 
Staunen über die Wunder der Welt
Staunen über die Wunder der Welt

"Frischer" Blick, offener Mund

Erinnerst du dich, wie wunderbar es sich anfühlt, viel und oft staunen zu können? Es ist die Fähigkeit, das Besondere im Alltäglichen wahrzunehmen. Es ist die Kunst - auch mit fortgeschrittenem Alter - noch Neues zu sehen in der Welt. Kinder betrachten ihre Welt noch mit "frischem Blick" und entdecken bei jedem Schritt Neues, das sie mit offenem Mund staunen lässt. Ältere geraten oft in eine Routine, die die Möglichkeit für Verblüffung einschränkt. Die Annahme, dass es nichts mehr zu staunen gäbe, je größer das Wissen und die (Lebens-) Erfahrung, ist falsch. Es gibt eine unbegrenzte Zahl an Wundern, über die man staunen kann - unabhängig vom Wissenszuwachs.


Staunen ist Luxus

Kinder sind Weltmeister im Staunen. Wenn ich mir alte Fotos von früheren Weihnachten ansehe, berührt es mich, die Hingabe an den besonderen Augenblick im Gesicht der Kinder zu sehen. Mit der Zeit verlernen wir das Staunen - mit jedem Jahr mehr. Es wird "uncool" verblüfft zu sein, es wird als Zeichen der Naivität gesehen, es macht verwundbar. In der Schule wurde man vielleicht ausgelacht, weil man über etwas gestaunt hat, das die anderen längst wussten oder kannten. Das tut weh und wir unterdrücken unser Staunen - oder gehen dafür alleine in den Wald, oder auf den Dachboden, um über alte, fast vergessene Dinge zu staunen. Aber nicht nur die Reaktionen der anderen können das Staunen vermiesen, sondern auch unser schnelllebiger, entmystifizierter Alltag. Man hat schlicht keine Zeit zum Staunen mehr! Staunen ist zum Luxus geworden.


Mit dem Herzen sehen

Wann warst du zuletzt "sprachlos vor Staunen"? Dass es uns die Sprache verschlägt, zeigt, dass es beim Staunen weniger um den Verstand, sondern mehr ums Herz geht. Es geht um das Sehen mit dem Herzen: "Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar" sagt der Kleine Prinz im weltberühmten Buch von Antoine de Saint-Exupéry. Diese zarte, genaue Wahrnehmung ist die Grundlage für Präsenz, Gegenwärtigkeit, Achtsamkeit, Langsamkeit. Dass es sich lohnt, diese Werte zu kultivieren, wird jeder verstehen, der sich darauf einlässt. Man holt sich dadurch kleine, leise Freuden zurück ins Leben. Die Gier nach Neuem schwindet, da ohnehin täglich Neues beginnt.



Die Kunst des Staunens, die Kunst der Gegenwärtigkeit
Die Kunst des Staunens, die Kunst der Gegenwärtigkeit

Staunen macht froh!

Im Staunen liegt Kraft. Und Staunen macht fröhlich. Versuche einmal, aus ganzem Herzen zu staunen und gleichzeitig unglücklich zu sein. Staunen und Dankbarkeit sind nahe verwandt. Wenn du innehältst, lauschst oder aufmerksam um dich blickst, findest du immer etwas Wundersames, du spürst das Geheimnis dieses großen Mysteriums, in dem wir leben dürfen. Und dann tauchen wie von selbst Staunen, Ehrfurcht und Dankbarkeit in dir auf. Dankbarkeit nicht als Pflicht oder Gebot, sondern als ganz natürliche Antwort auf das Leben, auf die Wunder der Schöpfung. Und ein dankbares Herz ist ein glückliches, liebevolles Herz.


Heilung für Herz und Seele

Diese heilsame Ausrichtung ist in unserer heutigen Zeit besonders wichtig. Eine Reihe von PsychotherapeutInnen und spirituellen Lehrern legen besonderen Wert darauf (z.B. Anselm Grün, David Steindl-Rast). Denn wer es schafft, dem eigenen Staunen nachzugehen, kommt sich selbst auf die Spur. Und findet ein Gegenmittel zur Bewältigung von Depression, Isolationsgefühlen, Burnout und Angstzuständen. Durch staunende Hinwendung verbinden wir uns mit unserer Mitwelt, wir nehmen sie wieder aufmerksam wahr. Dann wird uns die Lust am freudigen Staunen neu beflügeln und unser Herz öffnen für den Zauber des Daseins.

 
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