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  • AutorenbildSabine Fischer

Vom Glück, eine Einsiedlerin zu sein

Im Januar bin ich für 10 Tage in die Einsiedelei eines Franziskanerklosters in Bayern gezogen. Obwohl ich vor 14 Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten bin, hatte ich Sehnsucht nach einer stillen Auszeit - und wollte das Christentum auf neue Weise kennenlernen.

 

Hast du Sehnsucht nach mehr Leben?

Die Einsiedelei, auch Franziskusklause genannt

Die Einladung "Menschen, die Sehnsucht nach mehr Leben spüren, können sich an diesen besonderen Ort für einige Tage der Stille zurückziehen", die ich auf der Website des Klosters fand, traf genau ins Schwarze. Ich überlegte nicht lange und erkundigte mich nach freien Terminen. Früher schon hatte ich mir im Kalender 10 Tage reserviert, wusste aber noch nicht genau, wo es hingehen sollte. Als mir Bruder Christian dann genau den Termin vorschlug, den ich mir schon Monate vorher für eine Auszeit vorgemerkt hatte, war ich für einen Moment sprachlos. Was für ein erstaunlicher Zu-Fall!


Die gemütliche "Franziskusklause"

Der gemütliche Wohnraum der Einsiedelei

Nach dem Vorgespräch zum gegenseitigen Kennenlernen besichtigten wir die kleine Einsiedelei, die auf einer Lichtung im Wald liegt, etwa 20 Minuten zu Fuß vom Kloster entfernt. Eine robuste Holzhütte für Selbstversorger mit Holzofen, Plumpsklo und zwei im Boden versenkten Einmachgläsern als "Kühlschrank". Ein gemütlicher Wohnraum und ein Gebetsraum, einfach und übersichtlich.


Wachsen im Lieben

Kurze Zeit später trete ich meine Einsiedelei an. Dieser Rückzug ist aber kein "Nichts-Tun", sondern ein geistlicher Übungsweg im Sinne von Ignatius von Loyola. Zu Beginn ist das Ankommen bei sich selber wichtig, das Einüben der Stille und des schweigenden Hörens. Es braucht Zeit, bis die Unruhe des Alltags abnimmt und die eigene Offenheit zunimmt. Es geht um ein Wachsen im Lieben, um eine tiefere Beziehung zu Gott - und dies ist nur möglich, wenn wir leer werden und auf Empfang schalten.


Die Liebe trägt dich

Maria mit Jesuskind in der Mariengrotte

Meine Vorstellung von Gott ist die einer wesenlosen, aber bewussten und liebevollen Energie - das "große Geheimnis", die Schöpferkraft, die Quelle allen Seins. Ich ahne, dass ich nicht davon getrennt, sondern im Gegenteil EINS damit bin. Gott ist meine eigene Essenz, so wie es Mystiker und Weise aller Traditionen erkannt und erfahren haben. Wie verlockend ist doch die Vorstellung, dass jeder Mensch von Gottes Liebe getragen, durchdrungen wird. Wie erleichternd! Dann bin ich also vielleicht doch nicht alleine in dieser verwirrenden Welt mit all ihren Herausforderungen? Es überrascht und beglückt mich, als ich erfahre, dass der christliche Glaube sich in dieser Botschaft zusammenfassen lässt: "Gott ist die Liebe und diese Liebe trägt dich".


Plötzliche Einsichten

Die abendlichen Gespräche mit Bruder Christian (der u.a. Logotherapeut, Taijilehrer, Theologe und Philosoph ist) begleiten mich auf einem Erfahrungsweg, der mich zu wichtigen Einsichten führt, die entweder plötzlich in meinem Bewusstsein auftauchen oder in Form von Zeilen in einem Text erscheinen, der mir in die Hände gelegt wird. Mein geistlicher Begleiter drängt mir nichts auf, sondern überlässt es mir, mich für Bibelstellen zu öffnen oder mich von seinen Worten inspirieren zu lassen. Er meint: "nicht sie machen etwas mit der Bibelstelle, sondern die Bibelstelle macht etwas mit ihnen".


Innen-Zeit zum Wieder-Anknüpfen

Wintersonne erwärmt die Einsiedelei

Auf neue, selbstbestimmte Weise habe ich mich in dieser "Innen-Zeit" den christlichen Botschaften wieder angenähert und begriffen, wieviel Wertvolles ich aus diesem Brunnen, den ich lange nicht beachtet habe, schöpfen kann. Für mich war dieses Wieder-Anknüpfen an der Reihe. Bei jedem Einsiedler ist es etwas anderes -im Gästebuch sind die eindrucksvollen Geschichten nachzulesen.

 
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